RABANUS Verwaltungen

Schulung

 

Berliner Immobilienmarkt  -   Marktanalyse und betriebliche Schlussfolgerungen    

Vermietungsprobleme

- firmeninternes Papier zur Veröffentlichung freigegeben -

Im Jahr 1998, also dem neunten Jahr nach Zusammenbruch des DDR-Systems, bestätigt sich die Befürchtung, dass der Berliner Immobilienmarkt eine Kapitalmenge herangezogen hat, die den tatsächlichen Bedarf weit überschreitet:

  • Mehr als 100.000 sanierte und modernisierte Wohnungen stehen stadtweit leer. Allein in den beiden Tageszeitungen "Berliner Morgenpost" und "Berliner Zeitung" erscheinen wöchentlich mehr als 10.000 Wohnungsangebote.
  • Das Umland verlockt mit modernen Großsiedlungen zur Stadtflucht, so dass Berlin zur Zeit Bevölkerung verliert. Der Bevölkerungsverlust Berlins betrug im Jahr 1997 etwa 1%. Aber auch das Umland hat Vermietungsprobleme und viele Neubauvorhaben in Brandenburg werden scheitern.
  • Mehr als 1,2 Mio. Quadratmeter Gewerbefläche stehen leer. Es würde länger als sieben Jahre dauern, bis bei gegenwärtigem Vermietungstempo die Flächen vermarktet wären. Aber auch diese statistische Aussage ist noch geschönt, weil a) weitere Gewerbefläche fertiggestellt werden und b) heute "künstlich" vermietet wird, indem für längere Fristen mietfrei überlassen wird, hoffend, dass sich das Gewerbe etabliert und andere Gewerbemieter in die großen, sonst leerstehenden Gewerbeobjekte nachziehen. Mit dem geplanten Großflughafen in Schönefeld werden traditionelle Gewerbestandorte Konkurrenz im südlichen Umland bekommen.
  • Die Mieterfluktuation ist aufgrund des enormen Wohnungsangebots auf historische Höchstwerte gestiegen: z.B. zogen zwischen 1991 und 1997 mehr als die Hälfte der Bewohner des Bezirks Prenzlauer Berg um. Im Vergleich zu anderen Verwaltungen hatten wir also noch relative Ruhe in unseren Häusern, aber die Fluktuation steigt auch bei uns.
  • Die große Arbeitslosigkeit und damit verringerte Kaufkraft vieler Haushalte geht auch am Immobilienmarkt nicht spurlos vorbei. Das Preisbewusstsein ist deutlich geschärft.
  • Seit der Wende wurden in den neuen Bundesländern etwa 250 Milliarden DM in Immobilien investiert. Der Bundesverband Finanzdienstleistungen rechnet allein für 1998 mit Immobilienpleiten im Osten in Höhe von 30 Milliarden DM (Quelle: BM v. 15.01.98).

Auch wir spüren die Krise: Unsere Wohnungen und Gewerbeeinheiten, selbst preiswertere, erweisen sich trotz großen Werbe- und Personalaufwands als schwer oder gar nicht vermietbar.

Der Vermietungsaufwand hat sich gegenüber den Jahren 1990 bis 1995 vervielfacht. Anschaulich: Auf textgleiche Inserate, die in den genannten Jahren tagelang unsere Telefone nicht stillstehen ließen, melden sich heute keine oder nur wenige und sehr kritische Anrufer, von denen zu Besichtigungen noch weniger kommen, so dass sich oft erst nach Monaten mit vielen Inseraten und Besichtigungen eher zufällig jemand für den Vertragsschluss findet. Es ist mittlerweile so, dass wir mehr Mieter aus der eigenen Mieterschaft oder durch guten Ruf finden als über die Insertion.

Die Folge ist, dass sich der Leerstand trotz permanent erhöhten Aufwands auch in unseren Häusern vergrößert.

Das Überangebot an Mietflächen in der Stadt ist mittlerweile so groß, dass wir mit Inseraten die Nachfrage kaum noch erreichen. Wohnungs- und Gewerbesuchende begeben sich heute einfach in die Straßen ihrer Wahl und halten nach den zahlreichen Vermietungstransparenten Ausschau.

Deshalb sind auch wir an verschiedenen Standorten dazu übergegangen und werden die Transparentwerbung noch verstärken.

Leerstand wurde zum größten Kostenfaktor

Die Vermietungsprobleme sind zum größten Kostenfaktor geworden. Die Mietausfallsumme übersteigt in vielen Häusern den Betriebskostenfaktor Grundsteuer, so dass die betroffenen Vermögen hier eine Umbewertung von den Finanzämtern verlangen sollten.

Und auch die regelmäßig noch größeren Betriebskostenfaktoren Wasserwerke, Müllabfuhr, Versicherungen werden als Einzelposition vom Mietausfall übertroffen.

Der Schaden für die betroffenen Vermögen ist also immens:

  • Es lassen sich bei der Neuvermietung kaum noch Steigerungen gegenüber der vorherigen Miete realisieren.
  • Mietpreissteigerungen, auch Betriebskostenanpassungen im vermieteten Bestand erhöhen den Leerstand noch weiter.

Die niedrigere Mietzinsforderung ist die einzig vernünftige Reaktion auf den Markt. Es hat keinen Sinn, auf hohe Preise zu beharren. Der Schaden wäre höher als der erhoffte Gewinn.

Allerdings haben niedrigere Mietpreise in Mehrfamilienhäusern noch eine über den unmittelbaren Ertragsverlust hinausgehende Tücke: Früher eingezogene Mieter werden unzufrieden, wenn sie erfahren, dass im selben Haus nunmehr die Wohnungen billiger vermietet werden. Deshalb sollte die Leistungs-/Gegenleistungsrelation gegenüber unseren Mietern und den Mietinteressenten transparent gemacht werden, denn viele Mieter haben überhaupt keine Vorstellung von der Niedrigverzinslichkeit der Immobilien.

Unsere Bemühungen um Vermietung geraten zunehmend in grundlegenden Widerstreit zu unserem Honorargefüge

Der Mietausfall ist auch für das Geschäftsergebnis der Grundstücksverwaltungsfirma problematisch: Unsere Verwaltungsverträge sehen überwiegend eine Anbindung des Verwalterhonorars an die eingehenden Mieten vor. Der leerstandsbedingte Mietausfall bedeutet deshalb für uns zumeist auch Honorarausfall. Diese betriebswirtschaftliche Negativwirkung wird noch dadurch verschärft, dass der auf die Leerstandsbeseitigung entfallende Personalaufwand bei einigen Immobilien das Verwaltungshonorar übersteigt.

Wie bereits in den Vorjahren ein Problem in der verbreiteten Kostenlosigkeit unserer Hauswartsleistungen erkannt wurde, so erschwert auch die Leerstandsbeseitigung konzentrierte Verwaltertätigkeit.

Während wir die Zusammenarbeit mit Maklern früher schlicht ablehnten und auch nicht nötig hatten, gingen wir im Frühjahr 1997 dazu über, unsere Leerstände parallel von Maklern anbieten zu lassen, aber auch deren Erfolg nimmt sich äußerst bescheiden aus. Es gab bei ca. 60 Wohnungsvermietungen nur 2 maklervermittelte Abschlüsse.

Es sind wesentlich drei Gründe, die Makler veranlassen, sich oft stillschweigend aus der Vermarktung unserer Wohnungen zurückzuziehen:

  1. Wir sind im Vergleich zu anderen Wohnungsunternehmen kritischer in der Mieterauswahl.
  2. Wir zahlen keine Vermieterprovision.
  3. Unsere Mietforderungen seien zu hoch.

Zu 1.: Das vorrangige Maklerinteresse an der schnellen Erzielung der Vermittlungsprovision verleitet die Makler immer wieder dazu, uns inakzeptable Mieter anzubieten. Wir hingegen müssen darauf bedacht sein, dass die Mieter in der Lage sind, dauerhaft ihren Verpflichtungen nachzukommen und die Mietsache pfleglich zu behandeln.

Als Mietinteressenten werden uns von Maklern vielfach nur schwervermittelbare Mietinteressenten präsentiert, für die das Wohnungs- und Sozialamt aufkomme, aber auch diesen Personenkreis betreffend sehen wir die durch uns vertretenen Häuser an den Toleranzgrenzen angelangt: Immobilienverschleiß und Verwaltungsmehraufwand bei sozialproblematischen Mietern bedingen große betriebswirtschaftliche Schäden. Wenn beispielsweise eine modernisierte Wohnung an problematische Mieter vergeben wird, dann kann sie schon innerhalb weniger Monate restlos verwahrlosen. Die Kosten allein für Malerarbeiten (statistischer Durchschnitt pro WE = 9.000,-DM) wäre in dieser Zeit durch Mieten nicht kompensiert.

Zu 2.: Da es mittlerweile erheblich mehr Wohnungsangebote als Mietinteressenten gibt, hat sich in Berlin vielfach die Provisionsrichtung umgekehrt. Die Wohnungen werden den Mietern provisionsfrei angeboten und die Maklerleistungen werden vom Vermieter bezahlt. – Auch wenn wir in Einzelfällen dazu unsere Bereitschaft erklärten, kam es nicht zu Abschlüssen.

Zu 3.: Unsere Mietforderungen dürfen sich nicht in beliebige Tiefe strudeln lassen, denn a) entsteht dadurch in alten Mietverhältnissen, bei denen höhere Mieten vereinbart wurden, Unruhe und Unzufriedenheit mit jeweils eigenen Kostenwirkungen und b) ist die Bestandsdauer von tiefpreisigen Wohnungsvermietungen deutlich erhöht gegenüber hochpreisigen Abschlüssen, so dass sich schlechte Preise verewigen.

c) Manche Lagen sind schwer vermietbar, weil ihnen die gesamtstädtische Nachfrage fehlt. Es hat dann wirtschaftlich keinen Zweck, gesamtstädtische Nachfrage durch Preis-Dumping künstlich zu erzeugen. Auf mittlere und lange Frist dürfte es bei solchen Lagen sinnvoller sein, die lokal begrenztere Nachfrage abzuwarten.

Die Makler hingegen wollen den schnellstmöglichen Abschluss bei geringstem Aufwand. Die Makler-Logik ist einfach und knapp an einem Beispiel zu erläutern:

Die Wohnung soll marktgerecht 420,-DM Grundmiete und 180,-DM Betriebskostenvorauszahlung erwirtschaften.

Gemäß §3 Abs.2 Wohnungsvermittlungsgestz darf die Courtage höchstens zwei Nettokaltmieten betragen. Der Makler würde 2 X 420,-DM, also 840,-DM vom Mieter verlangen dürfen. Wenn er 10 Besichtigungstermine braucht, um einen Mieter zu finden, der dem Vermieter zumutbar ist, dann hätte er einen Verdienst von 84,-DM pro Besichtigungstermin. Dabei wären seine allgemeinen Geschäftskosten und Wohnungsinserate noch nicht berücksichtigt. Unberücksichtigt ist auch die heute größere Wahrscheinlichkeit, dass er auch nach 10 Besichtigungsterminen noch keinen Mieter gefunden hat.

Dürfte der Makler hingegen die Wohnung für einen Dumpingpreis i.H.v. 280,-DM Grundmiete anbieten, wäre sie mit Sicherheit nach dem 1.Inserat und dem 1.Besichtigungstermin weg. Das Honorar betrüge 560,-DM und er hätte sie schnell und sicher verdient - und könnte sich neuen Vermittlungen widmen.

Deshalb steht die Makler-Logik so sehr im Widerspruch zu den Vermieter- und Verwalterinteressen. Makler-Effizienz ist aus der Sicht des Immobilieneigentums keine effiziente Vertriebshilfe. Die bestehenden Maklerkontakte sollen gepflegt und erweitert werden, aber das Hauptaugenmerk gilt der fortlaufenden Überprüfung und Verbesserung unserer eigenen Vermietungsmaßnahmen.

Zum "richtigen Mietpreis" ist schon einiges gesagt, aber soll noch durch die These unterstrichen werden, daß eine niedrigere Miete letztlich für den Vermieter rentabler sein kann als die erzielbare Höchstmiete für dieselbe Wohnung: Zur erzielbaren Höchstmiete erklären sich nur solche Mieter bereit, die auf dem Wohnungsmarkt schlechtere Chancen haben. Häufig handelt man sich dadurch "Problemmieterschaft" ein, wie oben beschrieben: Verwahrlosung, Mietzahlungsrückstände etc.

"Gute Mieter" finden schneller und einfacher eine Wohnung. Sie haben mehr Auswahlmöglichkeiten. Je nach Preisbewußtsein können "gute Mieter" bei hohen Mieten jedoch auch sehr anspruchsvoll sein und die Neigung ausbilden, Mietshäuser mit einem Hotelbetrieb zu verwechseln. Gerade in Altbauten erweisen sich solche Mieter als Kostentreiber und die höhere Miete wird durch Handwerkerrechnungen neutralisiert. Entscheidend ist es also, den "zufriedenen und leistungsfähigen Mieter" auszuwählen. Das aber setzt voraus, daß wir überhaupt die Auswahl haben, also brauchen wir mehr Nachfrage.

Prioritätensetzung in der Leerstandsbeseitigung

Das Hauptproblem ist, daß die Verwaltungsangestellten nicht länger kostenlos ihre teure Arbeitszeit damit verbringen dürfen, leere Wohnungen Mietinteressenten vorzuführen, ohne dass die Abschlusswahrscheinlichkeit gewährleistet ist.
So wurden in einem Haus für 9 modernisierte und freie Wohnungen mehr als 30 Besichtigungstermine durchgeführt. Von den über 300 Mietinteressenten fanden sich 3 Mieter. Eine solcher Vermietungsaufwand ist unwirtschaftlich. Der eigene Personalaufwand betrug etwa 3.600,- DM für einen Drittelerfolg, also weit entfernt von der Vollvermietung.  In der Auswertung zeigte sich 2 Vermietungshindernisse: a) die Miete war um 3,-DM/m² zu hoch und b) teuer entwickelte Wohnungen sind schlecht vermietbar, solange Hausflure und Gesamteindruck des Hauses dem hohen Standard der Wohnung nicht entsprechen.

Das Finden der marktgerechten Miete muss beschleunigt werden. Die bauliche Entwicklung von Wohnungen und Haus müssen aufeinander abgestimmt sein. 
Das alles nutzt jedoch nichts, wenn der Hauseigentümer vom reduzierten Mietwert der Wohnung oder von der Notwendigkeit konzeptioneller Objektentwicklung nicht zu überzeugen ist und auf hohen Mietforderungen besteht.

Die Durchführung von Besichtigungsterminen mit Mietinteressenten obliegt den Hauswarten. Wenn eine Anlage ohne Hauswart betrieben wird, sollten Mieter des Hauses motiviert werden, den Besichtigungsaufwand zu leisten. Bewährt haben sich pauschale Vergütungen i.H.v. 300,-DM für die erfolgreiche Durchführung von Besichtigungsterminen.
Sollte auch eine solche Lösung nicht realisierbar sein, muss unser Besichtigungsaufwand nicht nur erfasst, sondern auch den Hauseigentümern in Rechnung gestellt werden.

Häufig sind es kleine Fehler an leeren Wohnungen, die eine Vermietung erschweren. Hierzu müssen die Hauswarte, Verwalter und Besichtigungsverantwortlichen Vorschläge unterbreiten. Die Haushandwerker sollten rascher kleinere Schönheitsreparaturen in Leerständen durchführen und durch Transparent-Montage die Werbung erhöhen. Die zuständige Verwalterin muss den Hauseigentümern diese Maßnahmen verständlich machen.

Die Leerstandslisten sollen über die Einzelzuständigkeiten hinaus wieder stärker zentralisiert werden, um gegenseitige Unterstützung der Verwalterinnen zu gewährleisten. Es ist ein Karteikasten für das Sekretariat anzulegen. Ich kann die Computerlisten nicht mehr sehen, wenn sie immer unübersichtlicher werden. Was die Karteikarten enthalten sollen, findet sich im Formular "WE-frei" bzw. "GE-frei". Für jede Mieteinheit, für jedes Immobilienangebot ist eine Skizze zu fertigen oder vom Eigentümer anzufordern.

Der Werbeaufwand muss dem Wert des Vermögensgegenstandes entsprechen.

Zur Veranschaulichung: Es gibt in unserem Bestand kaum eine Wohnung, die weniger als 100.000,- DM Wert wäre. - Die Mitarbeiter mögen einmal vergleichen, wie viel Werbeaufwand die Wirtschaft für ihre Produktpalette von Autos bis Zahnpasta, also für weit geringwertigere Güter treibt.

Jeden Mittwoch soll von 9:00 bis 10:00 Uhr innerbetrieblich ausgewertet werden:

  1. Reaktion auf unsere Werbung (Zeitungs- und Internet-Inserate, Transparente),
  2. Auswertung der Besichtigungstermine,
  3. Auswertung der Maklerleistungen,
  4. Aufgabenzuweisung zur weiteren Vermietungsförderung (Reparaturen etc.),
  5. Skizze für jede Wohnung, Gewerbeeinheit
  6. Reklametext für jede Wohnung, Gewerbeeinheit

Hierzu sind aus den Zuständigkeitsbereichen Vorlagen zu erarbeiten, die in einem Zentralordner zu erfassen sind.

msr/18.01.1998          

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