Sie wollen eine Eigentumswohnung kaufen?
Was darf die Eigentumswohnung kosten ?
Immobilien sind wie Briefmarken - können also vollkommen
wertlos sein.
Vertrauen Sie nicht einem Gutachten, auch dann nicht, wenn es von
einem "öffentlich vereidigten Sachverständigen" gefertigt ist:
Der Gutachter wird sich seinem Auftraggeber nicht
ungefällig erweisen, von dem er bezahlt wird.
Wenn der Gutachter vom Gericht oder von Ihnen bestellt
wurde, dann ist ihm an einem hoch geschätzten Wert gelegen, weil sein Honoraranspruch
mitwächst.
Die Gutachten werden zwar mit
imponierenden Fachausdrücken und allerlei komplizierten Berechnungen
garniert, aber
schließen zumeist jede Gewährleistung für die Fehleinschätzung von Bauschäden aus.
Sie müssen sich also selbst eine Vorstellung vom Wert der
Immobilie verschaffen - und das ist mit etwas gesundem Menschenverstand gar nicht so
schwierig:
Der wichtigste Wertfaktor ist die Lage der
Immobilie, denn der teuerste Baustoff nutzt nichts, wenn er am falschen Ort
zusammengefügt wurde (Beispiel: Marmorvilla auf den Golanhöhen). Dabei können
gute und schlechte Lagen auch unmittelbar nebeneinander liegen (Beispiel:
Nachbargrundstück beherbergt ein Bordell).
Verschaffen Sie sich also eine möglichst genaue Vorstellung davon, wie begehrt die Lage
ist:
Wie steht es um die Sozialstruktur in der Umgebung?
Wie gut sind die Verkehrsverbindungen?
In welcher Entfernung befinden sich kulturelle
Einrichtungen, Kaufhäuser, Schulen etc.?
Gibt es störende Einflüsse (Industrieanlagen, Lärm,
Geruch)?
Überlegen Sie, ob die Immobilie mit Herstellungs- und
Nutzungsart in die Umgebung paßt, ob baulich unter- oder übertrieben wurde.
Vergleichen Sie das Angebot mit den Nachbarhäusern. Würden Sie lieber dort wohnen? Was
wären Ihre Entscheidungsgründe?
Auch wenn Sie das Grundstück bzw. die Wohnung selbst nutzen möchten,
stellen Sie sich unbedingt die Frage nach dem potentiellen Mietwert, denn
daraus errechnet sich der sogenannte "Ertragswert" - es ist das
wichtigste Wertermittlungsverfahren unter drei weiteren:
- Wieviel würden Sie für die angebotene Immobilie an Miete zu zahlen
bereit sein?
- Welche Mietpreisforderung gegenüber Fremden wäre maximal erzielbar?
- Welche Mietpreisforderung wäre hingegen mit Sicherheit erzielbar, ohne
daß Sie monatelang nach einem Mieter suchen und für den Leerstand aufkommen müssen?
Vergleichen Sie das Kaufangebot mit Mietangeboten in folgenden Schritten:
- Kaufbetrag + 3,5% Grunderwerbssteuer + 3% Notar- und Grundbuchkosten +
Kosten der Hypothekenbestellung + Maklerprovision = "GESAMT-Kaufpreis"
- "GESAMT-Kaufpreis" * Effektivzinssatz / 12 Monate =
"Kapitalkosten pro Monat"
- "Kapitalkosten pro Monat" + Instandhaltung + Rücklage +
Sonderumlagen + Verwaltungskosten + Betriebskosten = "Reale Kosten pro Monat"
- "Reale Kosten pro Monat" + Kredittilgung + fiktive Tilgung des
anfänglichen Eigenkapitalaufwandes = "Reale Belastung pro Monat"
- Schließlich vergleichen Sie "Reale Kosten pro Monat" mit dem
"potentiellen Mietwert" und haben auf diese Weise die Eigenkosten ermittelt.
Erläuterung: Bei der Effektivzinssatzberechnung und Tilgung sollte auch
das anfängliche Eigenkapital verzinst und getilgt gerechnet werden, denn es wäre
Augenwischerei, "teures, weil bereits versteuertes" Eigenkapital als
Kostenfaktor unberücksichtigt zu lassen.
Das Ergebnis einer solchen Prüfung ist zumeist deprimierend und
entlarvt die Werbesprüche von Immobilienprofis als Irreführung: "Kaufen ist
billiger als Mieten" ist wenigstens dann definitiver Unsinn, wenn der Kaufpreis zu
hoch ist, was gerade bei Eigentumswohnungen im Vergleich zu kompletten Mietshäusern
regelmäßig der Fall ist. Die Wahrheit lautet schlicht: "Eigentum ist teurer
als Mieten".
Die "Rechnung" der Makler und ETW-Verkäufer geht nur dann
auf, wenn der Vergleich zur Miete auf die Kostenfaktoren Wohngeld + Schuldzins reduziert
wird. Aber eine solcher Vergleich verbietet sich aus den dargelegten Gründen.
Warum also wäre der Kauf von Wohneigentum dann überhaupt noch
sinnvoll?:
- Weil durch die Tilgungsleistung eine Form der Altersvorsorge betrieben
wird.
- Weil steuerliche Vorteile während der Berufsausübung wahrgenommen
werden können.
- Weil andere Anlageformen (Aktien, Sparverzinsung, Versicherungen etc.)
bei realistischer Betrachtung oftmals noch schlechter abschneiden.
- Weil Immobilien durch relativ höhere Inflationsfestigkeit und
niedrigeres Anlagerisiko die immobilientypische Niedrigrentabilität ausgleichen.
- Nicht zuletzt, weil das Wohnen in eigenen vier Wänden Spaß macht, ABER
man muß sich die Realkosten vor Augen halten, um zu wissen, ob man es sich leisten kann
und will. Was passiert, wenn der Arbeitsplatz verloren geht? Was passiert, wenn die
Wohnungseigentümergemeinschaft eine Sonderumlage beschließt? ...
Je mehr Sie sich um die Beantwortung dieser Fragen bemühen, desto
zuverlässiger wird Ihre Kaufentscheidung sein.
Begriffe und Erläuterungen
Wohngeld = Betriebskosten + laufende Instandhaltung + Rücklage
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Sonderumlage = Zahlungen für besondere Fälle (z.B. die Wohngelder waren zu niedrig
kalkuliert, um einen Dachstuhl zu erneuern)
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WEG-Verwaltungskosten = beziehen sich ausschließlich auf die Verwaltung des
Gemeinschaftseigentums und fallen häufig neben dem Wohngeld an. Das WEG-Verwalterhonorar
beträgt in den "Grundleistungen" zwischen 35,- DM und 50,-DM pro Monat.
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Sondereigentumsverwaltung = wenn Sie die Eigentumswohnung vermieten und das
Mietverhältnis verwalten lassen, beanspruchen die Verwaltungen regelmäßig zusätzliche
Entgelte.
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Grundsteuern = sind gegenüber dem Mieter ein umlagefähiger Betriebskostenfaktor, jedoch
bei Eigentumswohnungen häufig nicht im Wohngeld enthalten, sondern werden von den
Finanzämtern bei den Eigentümern einzeln beansprucht.
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Immobilienfinanzierung = Kapitallebensversicherungen ist zur
"Finanzierung" von Immobiliengeschäften dann unratsam, wenn die
Zinsfestschreibung des Hypothekenvertrages bzw. der Grundschuld hinter der Laufzeit des
Versicherungsvertrages zurückbleibt, weil dann das Grundstücksdarlehen während der
einzelnen Zinsfestschreibungsfristen nicht getilgt wird im Falle steigender Zinsen die
Differenz zum Versicherungsbeitrag zusätzlich zu leisten ist. Insbesondere in der
Tiefzinsphasen ist eine normale Grundschuldbestellung als Annuitätendarlehen
mit einer Laufzeit von wenigstens fünf, besser 10 Jahren Zinsfestschreibungfrist und
anfänglicher Tilgung i.H.v. 2% anzuraten und allen anderen Modellen (Bausparverträgen
etc.), die das Kreditgeschäft unübersichtlich und bei genauer Betrachtung teurer machen,
unbedingt vorzuziehen. Übersehen Sie bei solchen Überlegungen nicht, daß
die Banken ungeeignete Berater sind, denn die verdienen aus zwei Quellen,
wenn ein Darlehensvertrag über eine Kapitallebensversicherung refinanziert
wird.
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Verkehrswert = derjenige Preis, der unter gewöhnlichen Umständen ohne Hinzutreten von
Sonderfaktoren vom Markt erwartet werden kann.
Der Verkehrswert wird wesentlich nach
folgenden Verfahren ermittelt: Ertragswertverfahren, Vergleichswertverfahren,
Sachwertverfahren
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Ertragswertverfahren = ausgehend von einer Prognose zum "nachhaltig erzielbaren
Immobilienertrag" wird im Wege der Hochrechnung der Grundstückswert ermittelt.
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Vergleichswertverfahren = nur möglich, wenn sich eine Vielzahl von vergleichbaren
Geschäften Rückschlüsse auf das geplante Geschäft zulässt.
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Sachwertverfahren = ermittelt getrennt für das Grundstück und den Bau die
Preisvermutung. Zu diesem Zweck werden öffentliche Statistiken für
Grundstückswerte geführt. Bauwerke werden mit ihrem ursprünglichen Herstellungswert ausgewiesen und mit einem
Baukostenfaktor auf den heutigen Wert hochgerechnet. Sodann wird dieser Bauwert gekürzt
auf die verbleibende bzw. vermutete "Restnutzungsdauer" des Hauses. - Gebäude
werden regelmäßig mit Nutzungsdauer von 100 Jahren angesetzt.
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Ich wünsche Ihnen bei Ihren Entscheidungen eine glückliche Hand
und hinreichende Kritikfähigkeit gegenüber beratenden Experten.
Die Immobilien- und Kredithaie sollen nicht aussterben, denn
ohne Profis würde der Standortfaktor Boden weit weniger effektiv für
unsere Wirtschaft Nutzen bringen.
Mit freundlichen Grüßen
markus sebastian rabanus
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